Projekt: 360° Osttirol - 360 Kilometer / 25.000 Höhenmeter

Mehrtägige Laufabenteuer sind meine Liebeserklärung an die Berge, Natur und die unglaubliche Vielfalt und Schönheit der Trails, die ich erlaufen darf. Ein paar Tage dort draußen spielen zu dürfen, sich selbst zu erfahren und den schmalen Grad zwischen Spass, Glück aber auch Quälerei und körperlicher Herausforderung zu spüren - das ist für mich ein Privileg! Und so treibt es mich jedes Jahr auf´s Neue hinaus zu neuen Laufprojekten und Touren.

Dabei ist 2013 so gar nicht mein Jahr. Nicht das ich abergläubisch bin, aber es läuft alles andere als rund – und dabei möchte ich eigentlich nur laufen. In den Bergen – ein Luxusproblem ich weiß.

Somit überlege ich nicht lange als Wetter, freie Zeit und Gesundheit es gleichzeitig gut mit mir meinen und mache mich auf, das Projekt Osttirol 360 Grad anzugehen. 

 

Hierbei handelt es sich um einen Hochalpinen Weitwanderweg (der längste, höchste durchgehend begehbare Hochgebirgskreis) mit ca. 360 km, 36 Etappen und 26.000 Höhenmetern (Alternativ: Bergsteigerroute mit 337 km), der 2011 mit viel Euphorie vom Osttirol Tourismus entwickelt wurde, um dann im Sande zu verlaufen. Entsprechend spärlich sind auch die Informationen, die man im Vorfeld erhält, was die Sache natürlich noch spannend macht.

Willkürlich beschließe ich also in Sillian zu starten, gegen den Uhrzeigersinn zu laufen und die Runde in 6 Tagen zu bewältigen (6 Tage deswegen, weil mehr Zeit hatte ich nicht und es passt besser ins Zahlenbild: 360 Grad, 360 km, 6 Tage).

 

Ja DAS hatte ich vermisst. Die Freiheit, Leichtigkeit auf dem Trail. Das Leben mal wieder auf die wesentlichen Dinge zu reduzieren. Es bedarf so wenig um glücklich zu sein. Das erste Mal in diesem Jahr funktionierte mein Körper. Anfangs etwas zögerlich und durch das Gewicht des Rucksacks gebremst, aber von Tag zu Tag besser.

Jedoch hatte ich das Gelände etwas unterschätzt! Und das brachte meine Zeitrechnung auch ziemlich ins Wanken. Mal kurz 60 Kilometer am Tag hier abzuspulen war nicht möglich für uns. Laufbare Passagen wurden immer wieder unterbrochen durch lange Kletterpassagen, Klettersteige und sehr steile Schutt-/Schotteranstiege. Jede Etappe war anders und wartete mit neuen Herausforderungen auf uns. Dabei verlief der erste Tag noch richtig gut. Mit ständigem Panoramablick in die Dolomiten hinüber ging es entlang dem Karnischen Höhenweg bis wir leider die Abzweigung verpassten und in schwindeliger Höhe im Klettersteig endeten. Ein freundlicher Italiener in Kletter-Vollausrüstung machte uns dann deutlich, dass wir doch besser umkehren sollten. Bei der zweiten Gratüberschreitung entschieden wir uns dann gleich für die etwas tiefer gelegene Forststrassen-Variante (nicht schön, aber schneller) und kamen nach 10 Stunden endlich am Hochweißsteinhaus (hier gibt es unglaublicherweise glutenfreien Kuchen!!) an. 

Nach einer durchwachsenen Nacht mit Schnarchorchester ging es hinab nach St. Lorenz und gleich wieder hinauf nach Tuffbad und weiter über den Zochenpass (steiler Anstieg) bis zur Karlsbader-Hütte. (Die offizielle Tour geht noch über die Kerschbaumer Hütte was eigentlich überhaupt keinen Sinn macht).

Wasser und Riegel aufgefüllt und nichts ahnend auf den Dreitörlweg begeben. Man kann das auch Geröll-Schotter-Törlweg nennen. Das erste „Törl“ war ja noch harmlos. Auf dem Anstieg zum zweiten Törl dämmerte es mir langsam und beim dritten Törl dachte ich, die spinnen die Osttiroler. Mit genussvoller Wanderung (wie es in der Etappenbeschreibung steht) hatte das wirklich nix zu tun. Schon lange nicht mehr soviel auf allen vieren gegangen. Nachdem wir das gut besuchte Hochstadelhaus dann passierten und uns auf einen lockeren Downhill nach Nikolsdorf freuten, wartete eine neue Überraschung. 1.100 Höhenmeter senkrechter Abstieg mit Leitern, Seilen und Stufen – abrutschen sollte man hier nicht. Nikolsdorf kann man dann getrost rechts liegen lassen und den letzten Anstieg des Tages (1.300 HM) Richtung Anna-Schutzhaus in Angriff nehmen – wie immer steil und eventuell durch „Kuh-Angriffe“ erschwert. Wenigstens gab es im Anna-Schutzhaus keine Schnarcher (wir hatten ein Zimmer alleine) aber auch kein warmes Wasser und Strom zum Aufladen nur in kleinen Rationen. Dafür lecker Kaiserschmarrn und ein ordentliches Gewitter. 

Nicht ganz ausgeschlafen ging es am nächsten Tag auf die dritte Etappe, die wir uns selber durch einige „Abkürzungen“ und Orientierungsproblemen am Anfang erschwerten. Ab der Winkler Alm waren wir aber wieder auf Kurs und genossen den laufbaren Wiener Höhenweg. Laut Beschreibung ist dieser gut frequentiert. Aber wie auch die restlichen Tage sind die Osttiroler Berge doch eher einsam und man trifft nur sehr vereinzelt ein paar Wanderer. Jetzt kommen wir auch mal vorwärts, streifen die Wangenitzseehütte mit ihren zwei Seen und laufen hinab zur Lienzer Hütte (leider muss man ganz hinab, um dann wieder hoch zu steigen). Das Schild zur Elberfelder Hütte veranschlagt 3 Stunden. Keine Ahnung welcher Wanderer das schafft, aber wir haben ewig gebraucht. Wie ein Springbock geht es von Stein zu Stein und die Luft ist dünner. Die Hütte versteckt sich sehr gut und wir hatten schon daran gezweifelt, dass es sie überhaupt gibt. Nach einem ausgezeichneten Topfenstrudel (der Beste der ganzen Tour!!) wollen wir eigentlich noch weiter bis zur Glorerhütte. Eigentlich aber: ein Gewitter zieht heran, der Hüttenwirt rät uns ab, wir müssten über einen Pass von fast 3.000m und es werden 5-6 Stunden veranschlagt. Nebenbei lockt der Wirt mit einer heissen Dusche (der ersten seid 3 Tagen). Da wir das Gebiet nicht kennen bleiben wir in Wuppertal (nein die Hütte gehört der Sektion Wuppertal), waschen uns und die Klamotten und beschliessen am folgenden Tag die verlorene Strecke wieder rein zu holen. 

Fast enttäuscht waren wir, als wir zügig und ohne Probleme am nächsten Morgen die Glorerhütte passierten und auf dem wieder sehr laufbaren Wiener Höhenweg (auch Adlerweg) weiter zur hochmodernen Stüdlhütte (2.802m) liefen. Ab hier folgt ein nicht enden wollender Downhill auf Trail und Forststrasse hinab zum Gasthof Taurer. Auf Grund der Wettervorhersage und des Aspekts „wir wollen laufen nicht wandern“ erlaubten wir uns hier eine Streckenvariation. Anstatt den Großglocknerabschnitt mit viel Kraxelei und Hiking zu verbringen, querten wir hinüber zur Sudetendeutsch-Hütte und von dort hinab nach Matrei. So gab es diesmal Pizza statt Tiroler Knödel und ein weiches Bett mit Dusche – welch Luxus. 

Nur die 3.900 m Downhill hatten ihre Spuren hinterlassen. Anita konnte am nächsten Morgen kaum gehen, somit war Matrei wahrscheinlich unbewusst im Vorfeld eine gute Entscheidung gewesen. Traurig musste ich meine Mitstreiterin zurück lassen und den Anstieg zum Venediger Höhenweg alleine bewerkstelligen. Die Mühen lohnen sich! Der Venediger Höhenweg von der Badener Hütte, über Bonn-Matreier-Hütte, Eissee- bis zur Johannishütte ist genial und Trailerlebnis pur. Der Anstieg zur Essen-Rostocker-Hütte wird einem versüßt durch den ständigen Blick zum Großvenediger Gletscher und ab dem Türmeljoch kann man die Hütte schon in weiter Ferne sehen (dauert aber ziemlich lange bis man sie erreicht, was an meinem leicht schmerzenden Knie liegen könnte). Die Hütte ist riesig, völlig überfüllt und ich werde angeschaut wie der Mensch vom Mond. Aber kein Wunder: mein Gepäck ist nur ein drittel von dem was die meisten dabei haben, meine Schuhe sind viel zu gefährlich für so hochalpines Gelände und ich bin auch noch alleine unterwegs. Schon ok – wenn ihr wüsstet. Somit mache ich es mir zum Sonnenuntergang mit einem Liter Tee im Sonnenstuhl bequem und genieße den Ausblick auf die umliegenden Gletscher. 

Theoretisch sollte ich am sechsten Tag wieder in Sillian ankommen, aber die verbleibende Strecke ist nicht an einem Tag zu schaffen. Also früh aufbrechen und schauen wie weit ich komme. Das Runterlaufen gefällt meinem linken Bein überhaupt nicht. Dennoch biege ich zur Clarahütte ab und laufe weiter. Nein ein Vergnügen ist es heute nicht mehr. Ein ständiger Wechsel zwischen laufen und gehen, ich lenke mich mit der Landschaft ab, das Wetter ist bombastisch! Im Kopf spiele ich Plan A, B und C durch. Variante C gewinnt. Ich nehme beim Obersee den Bus zurück nach Sillian. Viel hätte nicht mehr gefehlt, aber zuviel um es ohne Schaden durch zu ziehen. Somit begnüge ich mich mit fast 300 Grad, 300 Kilometern und zahlreichen Höhenmetern. Es war eine unglaubliche Tour in einer noch sehr verlassenen weiten Bergwelt, die ich unterschätzt habe. Die ganze Runde ist wirklich krass, aber in Teilabschnitten sehr zu empfehlen!!

 

 

Nun wird sich um die Regeneration gekümmert und um das Knie, denn für die Pyrenäen will ich wieder fit sein! 

DANKE an:

Salomon - für das leichte Funktionsmaterial, Rucksack und perfektem Grip an den Füssen

Suunto – für Daten, Fakten, Zahlen der Tour

Julbo –     für den perfekten Durchblick

Woly Sport – für Sauberkeit und Pflege on Tour dank Handwäsche

Dr. Loges – für die Regenerationsunterstützung

Quellenhof – für Wellness, Erholung und Motivation nach der Tour

 

 

 

 


DIE IDEE 

 

Inspiriert vom "Tor des Geants" im Jahr 2010, möchte ich diesen Sommer meine eigene Rundtour starten. Wieder ohne Support und in Eigenregie. Auch die Streckendaten sind fast identisch mit denen im Aostatal: 360 Kilometer und 25.000 Höhenmeter. 14 Tage braucht ein ambitionierter Wanderer. Auch wenn ich dieses Mal mehr schlafen möchte als 4 Stunden, sollte die Tour doch in 5 - 6 Tagen zu schaffen sein.

 

Datum: August 2013 

Start und Ziel: Sillian 

 

 

STRECKENINFO  Osttirol 360 Grad – Austria Skyline Trail

 

360 Km auf der roten Wanderroute, die Gletscherflächen umgeht und in jeder Gebirgsgruppe einen unschwierigen Berggipfel berührt, so dass jeweils 25.100 Höhenmeter im Auf- bzw. Abstieg zu bewältigen sind. Dieser Routenverlauf führt zu den höchsten Bergen Österreichs und durch den Nationalpark Hohe Tauern mit aussichtsreichen Gebirgskämmen.

Dabei bewegt man sich durchschnittlich auf fast 2500m, und nächtigt auf ca. 2200 m.

Die Strecke ist in 9 Abschnitte bzw. Gebirgsgruppen aufgeteilt und rund 40 Schutzhütten entlang des Weges stehen für Übernachtung und Verpflegung zur Verfügung.

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